Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung

War vor der Revision des Bundesnaturschutzgesetzes 2010 die Eingriffsregelung lediglich eine durch die Länder auszufüllende Rahmenregelung, so findet sich im BNatSchG seitdem ein unmittelbar geltendes Veränderungsverbot an Natur und Landschaft. In der Folge ist jeder Eingriff in die Natur grundsätzlich zu rechtfertigen.

Den Begriff des Eingriffs definiert § 14 Abs. 1 BNatSchG:

Vom Eingriffsbegriff nicht umfasst sind die land- und fortwirtschaftliche Bodennutzung unter Beachtung der naturschutzrechtlichen Grundsätze, vgl. § 14 Abs. 2 BNatSchG.

Eingriffe in Natur und Landschaft sind danach alle Veränderungen in Gestalt oder Nutzung von Flächen, welche eine (potentielle) Beeinträchtigung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes mit sich bringen können. Hierzu gehören z.B. der Bau von Straßen und Wegen, Errichtung baulicher Anlagen im Außenbereich, Gewinnung von Bodenschätzen, bestimmte forstwirtschaftliche Eingriffe etc.

Aus diesem Grundsatz resultiert eine Reihe von Konsequenzen:

  • Nach dem Prinzip der Vermeidungspflicht hat der Verursacher eines Eingriffs die eingreifende Maßnahme so auszuführen, dass schädliche Beeinträchtigungen möglichst minimiert werden. Daraus folgt, dass vermeidbare Beeinträchtigungen vermieden werden müssen.
  • Nicht vermeidbare Beeinträchtigungen sind nach dem Ausgleichsprinzip durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen. Eine solche Kompensation kann am Ort des Eingriffs oder in der näheren Umgebung erfolgen (vgl. § 15 BNatSchG).
  • Sind Ausgleichsmaßnahmen bei einem unvermeidbaren Eingriff nicht realisierbar, ist der Eingriff im Zweifel zu untersagen, sofern eine Abwägung der naturschutzfachlichen Belange mit den Interessen des Einzelnen zu einer Zurückstellung der Individualinteressen führt. Gegebenenfalls trifft den Verursacher eine Ersatzpflicht. Ein solcher Ersatz kann durch Maßnahmen außerhalb eines funktionalen Zusammenhangs mit dem Eingriff erfolgen, z.B. in weiter Entfernung.
  • Sofern die Nutzung einer Fläche hierdurch nicht unzumutbar beeinträchtigt wird, kann im Einzelfall vom Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigten, z.B. vom Pächter, die Duldung von Maßnahmen der Landschaftspflege oder des Naturschutzes verlangt werden. Eine solche rechtmäßige Anordnung kann er nicht abwehren oder behindern.
  • Gleichermaßen kann den Eigentümer oder den Nutzungsberechtigten die Pflicht treffen, aus naturschutzfachlichen Gründen gebotene Pflegemaßnahmen durchzuführen (sog. Pflegepflicht).

In der Praxis ist meist weniger das Vorliegen eines Eingriffs an sich streitig, sondern vielmehr die Tragweite des Eingriffs und die damit einhergehenden Ausgleichspflichten.

Im Gegensatz zu anderen Gebieten des besonderen Umweltrechts sieht das Naturschutzrecht kein eigenes Fachverwaltungs(Genehmigungs- oder Erlaubnis-)verfahren vor. Die naturschutzrechtlichen Belange sind daher stets im Rahmen von einschlägigen Verfahren, die zu einer Zulassung oder Genehmigung einer Anlage oder einer Maßnahme führen, einzubringen (sog. „Huckepackverfahren“), vgl. § 17 BNatSchG. Die Naturschutzbehörden sind Fachbehörden, die sich in Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren einbringen können. Die Letztentscheidung oder –abwägung liegt aber bei der verfahrensrechtlich entscheidenden Behörde. Zur Stärkung der Naturschutzbehörden sind einzelne Verfügungen im Benehmen mit der Fachbehörde zu treffen, beispielsweise bei der gemeindlichen Ausweisung von Bauleitplänen.

Letztlich bedeutet dies, dass naturschutzrechtliche Belange in Form von Vermeidungs- oder Ausgleichspflichten o.ä. im Rahmen von Eingriffen zu prüfen sind, die aus Anlass einer Genehmigung, einer Erlaubnis, einer Bewilligung, einer Anzeige etc. aufgrund einer Rechtsvorschrift erfolgen. Eine Regelung wie z.B. § 6 DenkmalSchG, der eine isolierte denkmalschutzrechtliche Erlaubnis vorsieht, existiert für das Naturschutzrecht nicht.

Nur für den Fall, dass keine andere rechtliche Entscheidung notwendig ist, entscheidet die Naturschutzbehörde selbst. Zur Beurteilung der Tragweite des Eingriff kann (bei Planfeststellungen muss) sie die Vorlage von Gutachten verlangen, aus denen sich auch die möglichen Ausgleichsmaßnahmen ergeben.

Eine besondere Eingriffsregelung trifft das BNatSchG in § 18 für Bauleitpläne.