Rechtschutz gegen polizeiliche Verwaltungsakte

Präventives und repressives Handeln

Die Polizeibehörden in Deutschland haben eine Doppelfunktion. Sie nehmen präventiv-gefahrabwehrende Aufgaben und zugleich repressive, strafverfolgende Aufgaben wahr. In letzterem Fall sind sie Hilfsbehörde der Staatsanwaltschaft in Ermittlungsverfahren. Im Hinblick auf den Rechtschutz ist hier genau zu unterscheiden, denn nur für eine präventives Handeln, z.B. im Rahmen der Standardbefugnisse des PAG, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. In allen anderen Fällen des repressiven Wirkens sind die Verwaltungsakte von den ordentlichen Gerichten zu überprüfen, §§ 23 ff. des Gerichtsverfassungsgesetzes.

Im Zweifel bestimmt sich die Abgrenzung nach dem Schwerpunkt der Maßnahme, wie sie sich nach ihrem Gesamteindruck darstellt.

In jedem Fall ist eine Klage gegen das jeweilige Bundesland zu richten, das Träger der Polizei ist, selbst wenn die Polizei auf Weisung einer anderen Behörde gehandelt hat. Ausnahme: Bundespolizei (ehemaliger Bundesgrenzschutz).

Fortsetzungsfeststellungsklage gegen erledigte Polizeiverwaltungsakte

In der Regel sind polizeiliche Maßnahmen als Verwaltungsakte einzustufen. Auch scheinbar rein vollziehenden Akten (Realakten) geht in der Regel eine Entscheidung mit regelndem Charakter voraus, die ebenso als Verwaltungsakt einzustufen ist. Bsp.: eine Sicherstellung, also in erster Linie die tatsächliche Inbesitznahme einer Sache durch die Polizeibehörden bedingt eine Festlegung des Zeitpunktes, des Umfanges etc. der Gewahrsamnahme.

Dies hat Auswirkungen auf den Rechtschutz. Hinzu kommt die Besonderheit, dass die in die Rechte des Bürgers eingreifenden Maßnahmen häufig in dem Moment, indem der Bürger eine gerichtliche Überprüfung begehrt, bereits abgeschlossen sind. Anders als bei einer "schwebenden" Baugenehmigung oder einer ausländerrechtlichen Duldungsentscheidung kommt nur noch im Nachhinein eine Kontrolle der Verwaltung in Betracht. Die hierfür zur Verfügung stehende Rechtschutzmöglichkeit wird als Fortsetzungsfeststellungsklage bezeichnet. Es handelt sich um eine besondere Ausprägung der Anfechtungsklage mit feststellendem Charakter.

In § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO ist die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage ausdrücklich normiert. In direkter Anwendung betrifft sie den Fall, dass sich der Verwaltungsakt nach Erhebung einer Verwaltungsklage erledigt und der Kläger dennoch ein Interesse vorweisen kann, die Klage weiterzuführen. Der häufigere, im Polizeirecht vorkommende Fall betrifft aber die Situation, dass bereits vor Einlegung eines Rechtschutzmittels die Erledigung eintritt. Hier wird § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO entsprechend (analog) angewandt.

Dies macht nur dann Sinn, wenn der Betroffene ein besonderes Interesse hat, die Rechtswidrigkeit des Polizeiverwaltungsaktes feststellen zu lassen. Im Grunde genügt jedes anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Die Rechtsprechung hat hierfür Fallgruppen entwickelt, bei denen das besondere Rechtschutzbedürfnis anerkannt wird:

  1. Rehabilitationsinteresse: Den Betroffenen hat eine diskriminierende Maßnahme getroffenen und es kommt kein alternativer Rechtschutz in Betracht.
  2. Wiederholungsgefahr: Es besteht die begründete Gefahr, dass der Betroffene in absehbarer Zeit Adressat desselben Polizeihandelns wird.
  3. Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses: Erledigt sich der Verwaltungsakt vor Klageerhebung, ist die Amtshaftungsklage vor den ordentlichen Gerichten unmittelbar zu erheben. Unerheblich ist dabei, dass eine Vorklärung durch die sachnahen Verwaltungsgerichte in vielen Fällen sinnvoll erscheint. Nach überwiegender Auffassung kann die verwaltungsrechtliche Fragestellung als Vorfrage gleichermaßen vor dem Landgericht geklärt werden. Anders ist der Sachverhalt zu beurteilen, wenn bei Erledigung die Klage vor dem Verwaltungsgericht bereits anhängig war.
  4. Bei besonders tiefgreifenden Grundrechtseingriffen kann im Einzelfall ein Rechtschutzinteresse vorgebracht werden, sofern eine andere Möglichkeit des Rechtschutzes besteht. Das Interesse folgt dann aus dem Gebot effektiven gerichtlichen Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG.