Was ist ein Verwaltungsakt?

Der Verwaltungsakt ist die nach wie vor dominierende Handlungsform der Verwaltung. Von der Einordnung eines Tuns als Verwaltungsakt hängen zahlreiche rechtsrelevante Konsequenzen für den Bürger ab, insbesondere im Bereich des Rechtschutzes, aber auch elementarer Rechte wie die Begründungspflicht oder die dem Erlass vorangehenden Anhörung (vgl. § 28 VwVfG)..

In § 35 Satz 1 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes) ist der zentrale Begriff der Verwaltungslehre legaldefiniert, d.h. im Gesetz mit seinen Begriffsmerkmalen erläutert.

Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

Spezialgesetzlich finden sich Vorschriften für die Finanzbehörden in den §§ 118?-?133 der Abgabenordnung (AO) und für die Sozialversicherung und das Sozialrecht in den §§ 31?-?51 des Sozialgesetzbuches X (SGB X). Die Begrifflichkeit der AO unterscheidet sich nur marginal von denen des VwVfG.

Fünf Merkmale sind folglich maßgebend:

(1) Maßnahme
(2) Behörde
(3) Regelung eines Einzelfalls
(4) Hoheitliches Tätigwerden
(5) auf Außenwirkung gerichtet

Zu (1):
Das Merkmal "Maßnahme" bestimmt, dass es ein positives Handeln gegeben sein muss. Ein bloßes Nichtstun oder Unterlassen kann nicht zum Erlass eines Verwaltungsakts führen, dies auch aus Gründen der Rechtsklarheit. Davon zu unterscheiden ist ein konkludentes (schlüssiges) Handeln. Sofern die weiteren Voraussetzungen gegeben sind, ist es nicht notwendig, ein bestimmtes Handeln ausdrücklich, final auf die zu erwirkende Rechtsfolge zu richten. Auch ist die mangelnde Bezeichnung als Verwaltungsakt unschädlich. Ein Polizeibeamter wird seine regelnde Verfügung (z.B. einen Platzverweis) allzu selten mit "Verwaltungsakt" übertiteln.

Zu (2)
Der Erlass eines Verwaltungsaktes ist ausschließlich Behörden vorbehalten. Eine Behörde ist jeder Verwaltungsträger, dem es obliegt, öffentliche Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen, vgl. § 1 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz. So ist z.B. eine Gemeinde Behörde in diesem Sinne.

Einem Privaten ist es verwehrt, sich des Instruments des Verwaltungsaktes zu bedienen. Die Abgrenzung kann die schwierig werden, wenn die öffentliche Hand Private mit der Erfüllung Ihrer Aufgaben betraut (sog. Beliehene oder Verwaltungshelfer).

Zu (3)
Eine Verwaltungsakt regelt immer einen Einzelfall. Hierdurch unterscheidet er sich von Gesetzesnormen, die für eine Vielzahl von Sachverhalten verabschiedet werden und daher für die Anwendung im Einzelfall einer Konkretisierung bedürfen, zumal häufig im Erlasszeitpunkt des Gesetzes der jeweilige individuelle Vorgang in seiner besonderen Konstellation überhaupt nicht absehbar war.

Der Einzelfall muss geregelt werden. Der Regelungscharakter ergibt sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes, indem dieser dem Betroffenen ein Tun, Dulden oder Unterlassen auferlegt oder das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt wird.

Zu (4)
Die Behörde wird hoheitlich tätig, wenn sie öffentlich-rechtliche Vorschriften anwendet. Wann eine Norm dem öffentlichen Recht oder dem privaten Recht zuzuordnen ist, kann im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein. Die Rechtslehre hat hierzu verschiedene Theorien aufgestellt, von denen die Sonderrechtstheorie die wohl aussagekräftigste und daher die am weitesten verbreitetste ist. Danach hat eine Norm öffentlich-rechtlichen Charakter, wenn sie einen Träger öffentlicher Gewalt ausschließlich berechtigt oder verpflichtet. Die sog. Subordinationstheorie dagegen stellt darauf ab, ob zwischen Staat und Bürger im konkreten Einzelfall ein Unter- oder ein Überordnungsverhältnis vorliegt. Die alte, schon der römischen Rechtslehre zu entnehmende und unscharfe Interessenstheorie dagegen stellt darauf ab, ob die Norm die Interessen des Staates verfolgt.

Zu (5)
Der Verwaltungsakt muss immer nach der Intention der Behörde den Dunstkreis der Verwaltung verlassen. Ein rein interner Akt, z.B. eine innerdienstliche Anweisung, hat daher nie Verwaltungsaktqualität.

Von Bedeutung ist diese Unterscheidung im Beamtenrecht, wo grundsätzlich darauf abzustellen ist, ob der Beamte in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen wird. So ist z.B. die Beamtenernennung oder -beförderung unzweifelhaft ein Verwaltungsakt, da in das sog. Grundverhältnis (in Abgrenzung zum Betriebsverhältnis) eingegriffen wird.
Die Außenwirkung ist z.B. bei einem Flächennutzungsplan zu verneinen.

Ob im Einzelfall ein Verwaltungsakt vorliegt, kann aus Rechtschutzgründen nicht vom Willen der handelnden Behörde abhängen, sondern ist danach zu bestimmen, wie der einzelne das Behördenhandeln verstehen durfte.

Entsprechende Vorschriften finden sich in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder, z.B. Art. 35 S. 1 BayVwVfG. Beachte: In den allerhäufigsten Fällen wenden die Landesbehörden (z.B. Baugenehmigungsbehörden) das jeweilige Landesgesetz an, selbst wenn sie Bundesrecht (z.B. das Straßenverkehrsgesetz oder das Waffengesetz) anwenden. Das Bundes-VwVfG ist nur dann anwendbar, wenn Bundesbehörden unmittelbar Bundesrecht vollziehen, also quasi in einem "Bundesverfahren" tätig werden.