Die polizeilichen Handlungsbefugnisse

Ist der polizeiliche Handlungsrahmen nach Art. 2 PAG eröffnet und die Polizei damit sachlich zuständig, so bedarf es zur Rechtmäßigkeit einer Maßnahme, die in die Rechte eines Bürgers eingreift, einer konkreten Rechtsgrundlage, einer sog. Befugnisnorm. Alle Befugnisnormen haben gemein, dass sie das Vorliegen einer konkreten Gefahr bedingen.

Grundlegende Befugnisnormen

Die Systematik der grundlegenden Befugnisnormen korrespondiert mit der allgemeinen Aufgabeneröffnung nach Art. 2 Abs. 1 bis 4 PAG. Danach können polizeiliche Befugnisse sein:

  • Art. 11 Abs. 3 S. 1 PAG i.V.m. einer spezialgesetzlichen Norm außerhalb des PAG
  • Art. 11 Abs. 3 S. 2 PAG, wenn die Polizei im Bereich eines speziellen Gesetzes handelt, dieser aber keine eigene Befugnisnorm ausweist; dann ist ein Rückgriff auf die allgemeinen Polizeinormen denkbar.
    Ausnahme: Versammlungsrecht, das abschließend die versammlungsrechtlichen Eingriffsbefugnisse regelt (sog. Polizeifestigkeit von Versammlungen)
  • Art. 11 Abs. 1, 2. Hs. PAG i.V.m. dem Standardbefugnissen der Art. 12-48 PAG
  • Art. 11 Abs. 1, . 1. Hs., Abs. 2 PAG: Generalklausel für polizeiliches Handeln, entweder bei Vorliegen einer der Tatbestände des Abs. 2 oder nach der uneingeschränkten Generalklausel (Abs. 1, 1. Hs.)

Überblick über die Standardbefugnisse

Die Standardbefugnisse der Polizei sind regelmäßig wiederkehrende Fälle polizeilichen Handelns, die aus diesem Grund typisiert in das PAG aufgenommen wurden.

  • Informationserhebung und -behandlung: Auskunft, Identitätsfeststellung, erkennungsdienstliche Maßnahmen, Vorladung (Art. 12-15 PAG)
  • Beachte: Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 PAG ermöglicht sowohl Einzel- als auch Sammelkontrollen (Razzien!)
  • Platzverweis, Art. 16 PAG
  • Gewahrsam und polizeiliche Verwahrung, Art. 17-20 PAG
    • Schutzgewahrsam
    • Unterbindungsgewahrsam
    • Durchsetzungsgewahrsam
    • Spezialnormen im Unterbringungsgesetz
    • Behandlung festgehaltener Personen, Art. 19 PAG
    • Dauer der Freiheitsentziehung, Art. 20 PAG
  • Durchsuchung und Sicherstellung, Art. 21-28 PAG
    • Durchsuchung von Wohnungen, Sachen und Personen
    • Sicherstellung, Art. 25 PAG
    • Sonderfall: Abschleppen eines PKW
  • Aufgaben der Grenzkontrolle, Art. 13 Abs. 1 Nr. 5, 29 PAG
  • Datenerhebung und Datenverarbeitung, Art. 30-48 PAG
    • Datenerhebung: Beschaffung von Daten einer Person
    • Datenverarbeitung: Speichern, Verändern, Sperren, Löschen von Daten
    • Datennutzung: Verwendung personenbezogener Daten
      Bsp.: Videoüberwachung, Observation

Polizeilicher Zwang

Ein Verwaltungsakt der Polizei, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat (Art. 53 Abs. 1 PAG), was bei den meisten polizeilichen Verwaltungsakten der Fall ist. Den Vollzugsbeamten stehen dann als Zwangsmittel die Ersatzvornahme, das Zwangsgeld und die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Verfügung. Unter bestimmten Voraussetzungen ist sogar ein vorangegangener Verwaltungsakt entbehrlich, wenn es zur Abwehr der Gefahr nötig ist. Alle Zwangsmittel können so lange und wiederholt angewendet werden, bis der gefahrbeseitigende Zweck erreicht wird.

Eine Ersatzvornahme umfasst die kostenpflichtige (Gebühren + Auslagen) Vornahme einer Handlung durch den eigentlich Verpflichteten durch die Polizei oder einen Dritten.

Das Zwangsgeld kann von 5-2500 € festgelegt werden. Ist das Geld uneinbringlich, kann an dessen Stelle eine Zwangshaft (nicht zu verwechseln mit der Beugehaft) angeordnet werden. Sie dauert zwischen einem Tag und zwei Wochen.

Die einzelnen Regelungen für die Art und Weise der Anwendung von unmittelbarem Zwang finden sich in den Art. 60-69 PAG. Unmittelbarer Zwang ist danach die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind nach dem Wortlaut in Bayern insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe.

Alle Zwangsmittel sind grundsätzlich vorher anzudrohen. Im Falle des unmittelbaren Zwangs kann die Androhung auch in der Abgabe eines Warnschusses liegen.