In welchem Verhältnis steht das Baurecht zu anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften?

Nach Art. 56 BayBO sind andere Genehmigungsverfahren gegenüber dem Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich vorrangig. Entsprechende Regelungen finden sich in allen Länderbauordnungen. Dies gilt z.B. für:

1. nach anderen Rechtsvorschriften zulassungsbedürftige Anlagen in oder an oberirdischen Gewässern und Anlagen, die dem Ausbau, der Unterhaltung oder der Benutzung eines Gewässers dienen oder als solche gelten, ausgenommen Gebäude, Überbrückungen, Lager-, Camping- und Wochenendplätze,

2. Anlagen, die einer Genehmigung nach dem Bayerischen Abgrabungsgesetz bedürfen,

3. nach anderen Rechtsvorschriften zulassungsbedürftige Anlagen für die öffentliche Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme, Wasser und für die öffentliche Verwertung oder Entsorgung von Abwässern, ausgenommen oberirdische Anlagen mit einem Brutto-Rauminhalt von mehr als 100 m³, Gebäude und Überbrückungen,

4. nichtöffentliche Eisenbahnen, nichtöffentliche Seilbahnen und sonstige Bahnen besonderer Bauart, auf die die Vorschriften über fliegende Bauten keine Anwendung finden, im Sinn des Bayerischen Eisenbahn- und Seilbahngesetzes (BayESG),

5. Werbeanlagen, soweit sie einer Ausnahmegenehmigung nach Straßenverkehrsrecht bedürfen,

6. Anlagen, die nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) einer Genehmigung bedürfen,

7. Beschneiungsanlagen nach Art. 35 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG),

8. Anlagen, die einer Gestattung nach Produktsicherheitsrecht bedürfen,

9. Anlagen, die einer Errichtungsgenehmigung nach dem Atomgesetz bedürfen,

10. Friedhöfe, die einer Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz (BestG) bedürfen.

Denkmalschutz

Sofern die Änderung, Nutzungsänderung, Erweiterung oder Beseitigung einer denkmalgeschützten bauliche Anlage im Sinne der Bauordnung einer Baugenehmigung bedarf, erfolgt die denkmalschutzrechtliche Prüfung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens, sog. formelle Konzentrationswirkung.

Ist dies nicht der Fall, bedarf es einer sog. isolierten denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, die in der Regel die untere Denkmalschutzbehörde im Einvernehmen mit der Fachbehörde (z.B. Landesamt für Denkmalpflege in Bayern) bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen erteilt. Z.B. in Bayern folgt diese Genehmigungspflicht aus Art. 6 Abs. 1 BayDenkmalSchG:

„Wer

1. Baudenkmäler beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort verbringen oder

2. geschützte Ausstattungsstücke beseitigen, verändern, an einen anderen Ort verbringen oder aus einem Baudenkmal entfernen will, bedarf der Erlaubnis.

Der Erlaubnis bedarf auch, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann.“

Naturschutzrecht

Der Bau von Gebäude oder sonstigen Anlage kann im Einzelfall erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft mit sich bringen. Daher sind solche naturschutzrechtlichen Belange grundsätzlich im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Ein gesondertes naturschutzrechtliches Verfahren existiert nicht.

Problematischer ist die Rechtslage beim Erlass von Bebauungsplänen. Diese stellen keine Eingriffe in Natur und Landschaft dar. Dennoch sind bereits hier im Rahmen einer Abwägungsentscheidung Aspekte des Natur- und Landschaftsschutzes von Relevanz. Daher sieht § 18 BNatSchG vor, dass über den Ausgleich, den Ersatz und die Vermeidung von Eingriffen nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs, also im bauleitplanerischen Verfahren, zu entscheiden ist.

Soweit ein solcher Bebauungsplan vorliegt (§ 30 BGB) und eine Einbeziehung dieser Belange erfolgt ist, ist bei Erteilung der Baugenehmigung keine erneute naturschutzfachliche Überprüfung des Eingriffs erforderlich.

Bei Außenbereichsvorhaben (§ 35 BauGB) und Vorhaben im Innenbereich (§ 34 BGB) ist das Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde einzuholen. Hier erfolgt die naturschutzfachliche Überprüfung bei Erteilung der Baugenehmigung, da ja zuvor keine bauleitplanerische Abwägung mangels Plan möglich war.

Konzentrationswirkung am Beispiel des Immissionsschutzrechts

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung hat Konzentrationswirkung, d.h. sie ersetzt alle anderen Genehmigungen, die für die Anlage nach öffentlich-rechtlichen Rechtsvorschriften erforderlich wäre (§ 13 BImSchG). So ist z.B. neben einem immissionsschutzrechtlichen Bescheid keine Baugenehmigung mehr einzuholen. Eine Ausnahme gilt nur für Planfeststellungen, wasserrechtliche Entscheidungen, atomrechtliche Genehmigungen und bergrechtliche Betriebspläne.

Die formelle Konzentrationswirkung beschreibt die Reduktion auf ein einziges (immissionsschutzrechtliches) Verfahren, das für die Genehmigung der Anlage durchzuführen ist. Teilweise entscheidet die sachlich zuständige Behörde dann unter Mitwirkung bzw. im Einvernehmen mit anderen Behörden, z.B. im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Begebenheiten mit der belegenen Gemeinde nach § 36 BauGB.

Die materielle Konzentrationswirkung bringt zum Ausdruck, dass die immissionsschutzrechtliche Prüfung alle Aspekte der Anlagengenehmigung umfasst, die im immissionsschutzrechtlichen Verfahren zu prüfen sind. Hierzu gehören z.B. bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Vorgaben oder sicherheitsrechtliche Vorschriften.

Konzentrationswirkung in Planfestellungsverfahren

Konzentrationswirkung haben auch planfeststellungsrechtliche Beschlüsse. Nach § 75 VwVfG bzw. den entsprechenden Länderverwaltungsverfahrensregelungen gilt dies in formeller (Zuständigkeit einer Behörde) und materieller (Entscheidung über alle betroffenen Rechtsmaterien) Hinsicht: „Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.“

Sofern für ein Vorhaben die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens vorgesehen ist, bedarf es daher daneben keines gesonderten bauaufsichtlichen Verfahrens. Der Planfeststellungsbeschluss trifft eine abschließende Regelung über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Baurecht.

Solche Planfeststellungen sind z.B. in folgenden Gesetzen vorgesehen:

Eisenbahnverkehrsanlagen: Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)

Bau von Bundeswasserstraßen: Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG)

Luftverkehrsanlagen: Luftverkehrsgesetz (LuftVG)

Gewässerausbau: Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

Bestimmte bergrechtliche Vorhaben: Bundesberggesetz (BBergG)

Straßenbahnen: Personenbeförderungsgesetz (PBefG)

Bundesstraßen und Bundesautobahnen: Bundesfernstraßengesetz (FStrG)

Abfalldeponie: Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)

Bau von Atomkraftwerken und Endlagerstätten für radioaktiven Abfall: Atomgesetz (AtG)

Bau von bestimmten Hochspannungsleitungen: Energiewirtschaftsgesetz (EnGW) und Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)